Mittwoch, 24. November 2010

Mietspiegel: Puzzle und Prozentrechnen

Der Mietspiegel ist der Versuch, mit Hilfe der Statistik die Realität abzubilden / Sechs Stadtteile rutschen in teurere Zonen. Aus der BZ vom 24.11.2010

Der Mietspiegel ist wie ein Puzzle: Erst zusammengesetzt ergibt sich ein Bild. Und das kann für den einzelnen Mieter oder Vermieter sehr unterschiedlich ausfalle. Das liegt an den vielen unterschiedlichen Puzzleteilchen, die für jede Wohnung anders aussehen.

Er ist kein Wunschzettel. Der Mietspiegel soll ein Abbild der Realität sein und spiegeln, wie sich die Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt entwickeln. Deshalb schreibt der Gesetzgeber vor, dass nur neue oder jüngst fortgeschriebene Mietverträge berücksichtigt werden dürfen. Ein Mietspiegel ist nicht dazu da, Preise zu dämpfen oder steigen zu lassen. "Er ist kein Instrument der Wohnungspolitik", sagt der Mietexperte und ehemalige Mannheimer Richter Hubert Blank, der die paritätisch besetzte Arbeitsgruppe leitete, die Kriterien und auch Methodik für den neuen Mietspiegel festgelegt hat. Er hilft dabei, die "ortsübliche Vergleichsmiete" zu ermitteln. Die ist nämlich der Maßstab, wenn sich Mieter und Vermieter nicht einigen können. Liegt der Preis einer Wohnung mehr als 20 Prozent darüber, handelt es sich um Wucher – und der Vermieter begeht eine Ordnungswidrigkeit. Ist der Mietspiegel nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt, dann orientieren sich auch die Gerichte an ihm (qualifizierter Mietspiegel).
Die Arbeitsgruppe hat sich mehrmals getroffen und um Formulierungen für den Fragebogen sowie um Kriterien gerungen. Einiges, was bislang strittig war, wurde ausgeklammert, etwa Zuschläge für nahe gelegene Kneipen oder die Tauglichkeit für Wohngemeinschaften

10 000 Haushalte wurden angeschrieben. Eine sehr hohe Bereitschaft mitzumachen, hat Daniel Hofmann vom Gewos-Institut ausgemacht. 70 Interviewer kontaktierten zwischen Juni und September fast 9000 Haushalte. Rund 2000 waren für den Mietspiegel relevant und dienten als repräsentative Datenbasis.

Wenn die Statistiker einen engen Zusammenhang zwischen der Miethöhe und einem bestimmten Merkmal der Wohnung entdecken, dann werden Zu- und Abschläge fällig. Es lässt sich sogar berechnen, wie hoch diese Abweichungen von der Kaltmiete ausfallen. Ganz wichtig ist die Wohnlage (siehe Grafik). Wer in der Altstadt zur Miete wohnt, muss mit dem höchsten Zuschlag rechnen (plus 16 Prozent). Vermieter in Tiengen müssen höchste Abschläge hinnehmen (minus 11 Prozent).

37 Merkmale wird der neue Mietspiegel enthalten (dem aktuellen liegen 50 zugrunde). So gibt ein schöner Balkon ein Plus von 4 Prozent auf die Kaltmiete, ein fehlender TV-Anschluss macht ein Minus von 7 Prozent. Punkt für Punkt lässt sich die Miete für jede Wohnung berechnen.

Dabei gibt es durchaus auch kuriose statistische Ergebnisse: Deutlich negativ auf die Mietehöhe wirkt sich aus, wenn eine Wohnung nur über einfach verglaste Fenster verfügt (minus 15 Prozent). Die doppelten Verbundfenster führen zu einem Abschlag von 5 Prozent. Doch während die Isolierverglasung, die Mitte der 80er Jahre üblich war, Spuren in der Höhe der Miete hinterlässt (plus 2 Prozent), wirkt sich die viel bessere und aktuelle Wärmeschutzverglasung nicht aus. "Das ist eben in neuen Gebäuden der Standard", erklärt Daniel Hofmann vom Institut Gewos.

140 000 Euro hat der Gemeinderat für den neuen Mietspiegel bewilligt. Das ist eine stattliche Summe. Viele Städte erstellen solch ein Werk in Eigenregie. Rund 100 000 Wohnungen gibt es in Freiburg, 70 000 davon sind Mietwohnungen. Die städtische Wohnungsgesellschaft "Stadtbau GmbH", gegen deren Mieterhöhungen sich der Protest am lautesten formiert, hat gut zehn Prozent.

Der Mietspiegel ist ab Januar zum Preis von 7,50 Euro beim Amt für Liegenschaften, Fahnenbergplatz 4, erhältlich oder kann kostenpflichtig unter http://www.Freiburg.de/ mietspiegel heruntergeladen werden.

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