Donnerstag, 9. Dezember 2010

Apotheke mit Supermarkt-Flair

Easy-Kette nun auch in Freiburg / Kampfpreise, weniger Service.

Grüne Plastikeinkaufskörbe, mannshohe Regale wie im Supermarkt, Personal in knallgrünen T-Shirts – das ist für den Freiburger Arzneimittelkonsumenten bisher nicht das gewohnte Apothekenambiente. Aber vielleicht könnte es das künftig werden. Am Wochenende hat im Freiburger Hauptbahnhof die erste Easy-Apotheke der Stadt den Betrieb offiziell aufgenommen. Dahinter steckt eine Art Franchise-System. Easy positioniert sich auf dem Markt vor allem über den niedrigen Preis. Das sieht man in der Branche auch kritisch.
"Mich hat das Konzept überzeugt, nämlich Kunden Medikamente zu möglichst niedrigen Preise anzubieten, auch wenn dabei bestimmte Serviceleistungen wegfallen", sagt Markus Vivell (38), der Betreiber der neuen Easy-Apotheke in der Bismarckallee 13 im Freiburger Hauptbahnhof, zu seinen Beweggründen. "Außerdem hat mich der Standort hier mit der hohen Frequenz gereizt. Und ganz ehrlich: Wenn ich es nicht gemacht hätte, hätte ein anderer eine Easy-Apotheke in Freiburg eröffnet", fügt er noch hinzu. Vivell ist seit 2002 selbstständiger Apotheker. Ihm gehört auch die Jahn-Apotheke in der Schwarzwaldstraße 146.
Jetzt hat er sich mit der insgesamt 300 Quadratmeter großen Easy-Apotheke ein zweites Standbein geschaffen. In Deutschland darf ein Apotheker seit 2004 bis zu vier Filialen führen. "Aber mir reichen erst einmal meine zwei", sagt Vivell. Die Neueröffnung sei ein anstrengender Prozess gewesen. In der Easy-Apotheke beschäftigt er nun neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in der Jahn-Apotheke sind es acht. Und Vivell hat wohl auch in Zukunft zu kämpfen: "Manche Kunden meinen, ich könne auch in meiner anderen Apotheken die Easy-Preise machen, aber das geht eben nicht." Bei Easy würden bewusst bestimmte Serviceleistungen wegfallen, etwa die Lieferung von Medikamenten direkt ans Krankenbett, wie in der Jahn-Apotheke ohne Zusatzkosten üblich, falls nötig. Erklärungsbedarf gibt es für Vivell auch gegenüber seinen Apothekerkollegen. Deren Verband in Stuttgart sieht die Easy-Strategie nämlich "eher kritisch", wie eine Sprecherin auf Anfrage mitteilt.

Easy hat 2004 zunächst als reine Versandapotheke angefangen. Seit 2006 eröffnet das Hildesheimer Unternehmen in Kooperation mit selbstständigen Apothekern Discount-Apotheken in Deutschland. Bisher sind insgesamt 59 solcher Betriebe an den Start gegangen – im Oktober auch einer in Emmendingen. Easy wirbt laut Vivell damit, dass alle alle rezeptfreien Produkte dort mindestens fünf Prozent unter dem unverbindlichen Apotheken-Verkaufspreis des Herstellers nach Lauertaxe (AVP) zu haben sind. Bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln sind Preisvariationen gesetzlich ausgeschlossen. Eine Stichprobe zeigte: Bei einer "konventionellen" Apotheke in der Nähe des Freiburger Bertoldsbrunnens kostete gestern
eine 20er-Packung Aspirin 5,28 Euro, in der neuen Easy-Apotheke war sie für 4,22 Euro zu haben.

"Wir sehen dieses Discount-Ambiente bei Arzneimitteln eher kritisch", sagt Carmen Gonzalez, Sprecherin des Landesapothekerverbands in Stuttgart. Laut Verband sollten Medikamente nicht agressiv über den Preis vermarktet werden, sonst drohe dem Verbraucher Gefahr.

In Freiburg gibt es rund 70 Apotheken mit etwa 380 Beschäftigten. Laut Verband liegt der typische Jahresgewinn einer Apotheke bei 75 000 Euro. Man beobachte allgemein eine eine Zunahme der Filialbetriebe gemäß der "Vierregel", so Carmen Gonzalez. Die seien lukrativer. In Freiburg haben sich jüngst die Apotheke am Zähringer Tor, Bernhardstraße 2, und die Blasius-Apotheke, Zähringer Straße 332, zusammengeschlossen.
Quelle: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/apotheke-mit-supermarkt-flair 
09. Dezember 2010
Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der Badischen Zeitung.
von: Holger Schindler

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